Die Kündigungsinitiative der SVP verlangt das Ende der Personenfreizügigkeit. Dieses Abkommen beinhaltet das Recht für Schweizer und EU-Bürger, ihren Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen. Die Personenfreizügigkeit ist Bestandteil der bilateralen Verträge I mit der EU und kann nicht einzeln gekündigt werden. Wird die Initiative angenommen, steht daher der bilaterale Weg an sich mit all seinen für die Schweiz massgeschneiderten Abkommen auf dem Spiel. Es droht für das Exportland Schweiz bereits Ende April 2022 der Verlust einer diskriminierungsfreien Teilnahme am europäischen Binnenmarkt.

«Das wäre nicht nur für grössere Kantone wie Zürich oder Bern ein gewaltiger Verlust», sagt René Röthlisberger, Präsident Wirtschaft Uri. Auch für Uri sei der europäische Marktzugang entscheidend für den Wohlstand der Bevölkerung und den Erhalt der Arbeitsplätze. «Neben Kaffeekapseln und Autoteilen werden auch Industrieanlagen und weitere Güter aus unserem Kanton nach ganz Europa exportiert. Mehr als 48‘000 Tonnen Waren sind es jährlich», ergänzt Andreas Ruch, Präsident der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz sowie Inhaber der Ruch Metallbau AG. «Diese guten Beziehungen dürfen nicht aufs Spiel gesetzt werden.»

FDP, CVP, SP und Grüne gemeinsam für ein Nein

Die beiden Urner Wirtschaftsvertreter setzen sich gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertreter von FDP, CVP, SP und Grüne in einem überparteilichen Urner Komitee für ein Nein zur Kündigungsinitiative ein. «Der Schulterschluss gegen die SVP-Initiative ist wichtig für Uri», betont Ruedi Cathry, Präsident FDP Uri. «Denn auch in unserem Kanton tragen die Bilateralen I wesentlich zum Erhalt unserer Lebensqualität bei.» Sylvia Läubli, die sich ebenfalls im überparteilichen Nein-Komitee engagiert, untermauert die Argumentation gegen die Kündigungsinitiative aus sozialpolitischer Sicht: «Dank den bilateralen Abkommen verfügen wir heute über die Instrumente, um auch in tieferen Lohnsektoren Lohndumping zu unterbinden. Mit einem Nein bleiben die flankierenden Massnahmen und damit der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen in der Schweiz erhalten», sagt die Erstfelder SP-Landrätin. Und Valentin Schmidt, Vorstand Grüne Uri, ergänzt aus umweltpolitischer Perspektive: «Die Hebel für eine Senkung des Ressourcenverbrauchs und damit die Bekämpfung unserer gravierenden Umweltprobleme liegen nicht in der Zuwanderungspolitik.» Zu finden seien sie vielmehr in der Raumplanung, in der Energie- und Verkehrspolitik sowie in der Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik.

Breit abgestützte Ablehnung

Das Urner Komitee «Nein zur Kündigungsinitiative» macht sich mit breit abgestützter Argumentation stark für den bilateralen Weg. «Gute Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten bedeuten Sicherheit und Wohlstand. Die Kündigungsinitiative setzt das aufs Spiel», resümiert Simon Stadler. Der CVP-Nationalrat empfiehlt – wie auch Bundesrat und Parlament – den Urnerinnen und Urnern im Namen des überparteilichen Komitees die Ablehnung der Vorlage an der Stimmurne.

 

29. Juli 2020