Die GRÜNEN Uri übergeben die Initiative «Isleten für alle» mit 1953 beglaubigten Unterschriften an Regierungsrat Daniel Furrer.

Das vom Zürcher Staatsrechtsprofessor Andreas Glaser vorgeprüfte Volksbegehren wurde von 1953 Urner Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet (beglaubigte Unterschriften). Es ist als allgemeine Anregung formuliert und umfasst drei Artikel:

  1. Der Kanton erlässt eine gesetzliche Regelung der Nutzung des Deltas des Isentalerbachs zwischen dem Nordportal des Schilteggtunnels und dem Südportal des Harderbandtunnels sowie dem Tobel.

Das Gebiet Isleten wird begrenzt durch die beiden Tunnel in Richtung Bauen und in Richtung Seedorf, die Schlucht des Isentalerbachs und den See. Auf dieser Fläche sind aufgrund der Raumplanung des Kantons bzw. der Zonenplanung der ehemaligen Gemeinde Bauen (heute Seedorf) und der Gemeinde Isenthal (Teil südlich des Restaurants) heute unterschiedliche Nutzungen möglich. Das grösste Teil der Delta-Fläche nördlich des Bachs, die sich nun im Besitz der Isen AG befindet, ist eine Industrie- und Gewerbezone, einige Parzellen sind als Wohnzonen ausgeschieden. Daneben gibt es Wald, Fels und Gewässerzonen etc. Damit der Investor seine Total-Überbauung verwirklichen kann, muss das ganze Gebiet umgezont werden. Dafür sind allein das Stimmvolk von Seedorf bzw. Isenthal und der Regierungsrat zuständig. Die Initiative möchte nun, dass für das Gebiet Isleten ein Gesetz ähnlich wie das Reussdelta-Gesetz geschaffen wird, das die Nutzung regelt. Darüber könnte dann der ganze Kanton entscheiden.

  1. Diese definiert das Gebiet innerhalb der Landschaftsschutzzone Vierwaldstättersee als grossenteils öffentlichen, naturnahen Naherholungsraum mit Wald-, Natur- und Gewässerraumzonen sowie weiteren Zonen entsprechend diesem Nutzungsziel.

Dieser Absatz gibt die grossen Linien für die Nutzung des in Absatz 1 abgegrenzten Gebietes vor. Den grossen Rahmen setzt das Bundesrecht, denn der Vierwaldstättersee und die angrenzenden Gebiete sind Teil der grossen Landschaftsschutzzone Vierwaldstättersee. In diesem Rahmen ist jedoch eine begrenzte Nutzung ähnlich wie im Reussdelta möglich.

Die Initiative möchte, dass das Gebiet zu einem naturnahen Naherholungsraum wird, der für alle kostenlos zugänglich ist. Das bedeutet z.B., dass der Gewässerraum des Isentalerbach ausgedehnt und das Seeufer angepasst wird. Der bestehende Wald, die grosse Wiese und der bestehende Obstbaumbestand sollen erhalten bleiben. Dazwischen aber besteht viel Platz, der für Freizeitaktivitäten genutzt werden kann. Hier könnten z.B. Feuerstellen, eine Spielecke und Liegeplätze eingerichtet werden, es könnte eine Minigolfanlage durch das Gelände gezogen werden etc. Selbstverständlich müsste die Umzäunung verschwinden. Ob und wohin die Bauenstrasse verschoben werden müsste, um mehr Strandfläche für verschiedene Wassersportarten zu gewinnen, wird im Rahmen der Planung geklärt werden müssen, genauso wie der Standort der Schiffsstation und der Busstation, die so platziert werden müssen, dass keine Konflikte mit Badenden, Surfern etc. entstehen.

  1. Neue Hotel- und Apartment-Gebäude sowie neue Bootshäfen sind nicht erlaubt. Weiterhin erlaubt sind die Nutzung bestehender Gebäude im bisherigen Rahmen oder ihre zonenkonforme Umnutzung sowie temporäres Camping auf einer Teilfläche. Vorhandene Schutzobjekte (Bäume, Baumgruppen, Gebäude) und industriegeschichtlich interessante Objekte sind zu erhalten.

Der Absatz 3 konkretisiert, was erlaubt und was nicht erlaubt sein soll. In erster Linie gilt es zu verhindern, dass das Delta im Sinne von Samih Sawiris mit Hotels und Apartment-Gebäuden rund um einen im Landesinnern angelegten Bootshafen verbaut werden und danach exklusiv durch die neuen EigentümerInnen und zahlende Tourist:innen genutzt werden kann. In Flüelen ist das ganze Seeufer vom Restaurant Apertura bis zum Gruonbach privatisiert, die Öffentlichkeit hat keinen Zugang zum Wasser. Die Isleten soll der ganzen Bevölkerung gehören.

Das Bauverbot für neue Hotels und Apartment-Häuser heisst aber nicht, dass nicht trotzdem eine gewisse kommerzielle Nutzung möglich sein soll. So könnte z.B. das bestehende alte Fabrikgebäude (das älteste in Uri) in ein Hotel, eine Jugendherberge oder ein Lagerhaus und die ehemalige Fabrikkantine am See zu einem Restaurant umgebaut werden. In Murg am Walensee ist auf diese Weise eine ehemalige Spinnerei zu einem lebendigen Ort der Begegnung geworden (www.altespinnerei.ch). Die vielen kleineren Gebäude könnten ähnlich wie heute von Wassersport-Gruppen als Lagerraum für Boote, Tauchausrüstung, Surfbretter etc. oder als Werkstätten oder Kunstateliers genutzt werden. Der Raum darum herum müsste öffentlich zugänglich sein. Auch ein kleiner Campingplatz wäre weiterhin möglich und sinnvoll, um die Isleten zu beleben.

Im ehemaligen Cheddite-Gelände sind auch einige industriegeschichtlich interessante Objekte zu bestaunen, von einem alten Brunnen für die Papierproduktion über die alte Fabrikheizung bis zur Nitrieranlage ganz hinten in der Schlucht, wo die eigentliche Sprengstoffproduktion stattfand. Diese Objekte könnten mit einem öffentlichen Lehrpfad verbunden werden. Die alte Direktoren-Villa könnte wie die Stüssihofstatt in Unterschächen für Ferien im Baudenkmal vermietet werden (ferienimbaudenkmal.ch). Auch der Obstbaumbestand auf der grünen Wiese an der Strasse ist geschützt und soll nicht einer Überbauung geopfert werden. Unter den Bäumen das Badetuch auszubreiten, hätte sicher einen besonderen Reiz. 

Auch Sawiris-Projekt ist für Öffentlichkeit nicht gratis

Die Isleten-Initiative lässt diese Frage vorerst offen. Denkbar wäre z.B., dass der Kanton, die Korporation Uri und die Gemeinden, unterstützt von einer oder mehreren Stiftungen eine Trägerschaft bilden, die das Gelände kauft und entsprechend gestaltet. Für die Umnutzung der bestehenden Gebäude könnten private Investoren gesucht werden. Dem Vernehmen nach hat Sawiris für das Cheddite-Areal keine unbezahlbare Summe bezahlt. Die für sein Projekt nötige Verlegung der Strasse ist so oder so Sache des Kantons. Sawiris will diese nicht selber berappen. Da beim Sawiris-Projekt auch mit erheblichem Mehrverkehr von Seedorf her gerechnet werden muss, dürften dem Kanton zusätzliche Kosten anfallen.

Eine Nutzung der Isleten im Sinne der Initiative entspricht den Vorstellungen im Siedlungsleitbild von Bauen aus dem Jahr 2020 (www.seedorf-uri.ch, S. 16-18). Ähnliche Idee wurden schon früher in einer Studienarbeit der Hochschule für Technik Rapperswil HSR skizziert[1]. Auch gemäss dem aktuellen Urner Richtplan erfordern die touristischen Aktivitäten am Urnersee «keine grösseren Infrastrukturanlagen». Von besonderer Bedeutung sei u.a. «der öffentliche Seezugang». Das Sawiris-Projekt widerspricht diesen Vorstellungen grossenteils.

Umgang mit den Altlasten

Das Cheddite-Areal wurde im Laufe der Jahrzehnte durch Sprengstoffe und Schwermetalle verschmutzt. Die Cheddite AG hat einen grossen Teil des verschmutzten Bodens bereits saniert. Mit dem Kauf des Areals hat die Isen AG von Samih Sawiris die Verantwortung für die restlichen Altlasten übernommen. Die Kosten der verbleibenden altlastenrechtlichen Massnahmen werden auf einige Millionen Franken geschätzt (man spricht von 1-3 Millionen). Sind Altlasten z.B. unter bestehenden Gebäuden betroffen, so wird abgewogen werden müssen, ob diese saniert oder nur überwacht werden sollen. Sollte die Isleten-Initiative angenommen werden, so müsste eine neue Trägerschaft das Areal und die Altlasten übernehmen. Dies dürfte auch gelten, wenn der Kanton für die Ermöglichung des Marina-Projekts verschmutzte Flächen von Sawiris übernimmt, um die Kantonsstrasse an den Berghang zu verlegen. Das Trinkwasser, das aus einer Fassung auf dem Areal (im Baumgarten) selbst stammt, kann weiterhin genutzt werden, sofern die Schutzzone darum herum nicht durch Bautätigkeiten tangiert wird. Beim Marina-Projekt ist aber genau diese Fläche durch den geplanten Bootshafen betroffen. Wenn die Trinkwasserversorgung für das Marina-Projekt ersetzt (und für die vielen Häuser wohl auch massiv vergrössert) werden muss, so ist dafür die Standortgemeinde Seedorf zuständig. Es müsste wohl mit grösseren Kosten gerechnet werden. Für einen naturnahen Freizeitpark würden diese Kosten nicht anfallen.

 

Altdorf, 28. Juni 2023

 

[1] Michael Fuchs (2012): «Isleten – 180o Dynamit … Sprengstoff am Urnersee» bei D.
Siegrist, HSR Rapperswil.