Sehr geehrter Herr Landammann,
sehr geehrte Herren Regierungsräte

 

Gemäss Asylstatistik des Staatssekretariats für Migration (SEM) wurden in diesem Jahr 153 neue Asylgesuche gestellt (31.08.20). Im Jahr 2019 waren es insgesamt 601 und im Jahr 2018 total 873 neue Gesuche.

Gründe für den Rückgang der Gesuche sind die weltweite Covid-19-Situation und die Tatsache, dass die europäischen Länder ihre Grenzen schliessen und hilfesuchende Personen nicht mehr hereinlassen. Die Menschen werden in den griechischen und türkischen Flüchtlingslagern festgehalten ohne Chancen zur Weiterreise.

Im Flüchtlingslager Moria leben zurzeit circa 20‘000 Menschen, obwohl es nur für 3000 Personen Platz bietet. In einigen Teilen des Flüchtlingslagers gibt es nur einen Wasseranschluss, den sich 1300 Menschen teilen. Familien mit fünf oder sechs Personen schlafen teilweise auf der Strasse oder gerade mal auf einem Raum von drei Quadratmetern. Kürzlich haben Brände das Flüchtlingslager Moria fast vollständig zerstört. Tausende Menschen sind obdachlos.

Wir alle erleben während der Corona-Krise, wie wichtig Solidarität und gemeinsames Handeln sind. Doch nicht alle Menschen sind in der Lage, sich vor Covid-19 zu schützen. Dazu zählen die Schutzsuchenden in den griechischen Lagern, die vor allem auf den Inseln und insbesondere nach den grossen Bränden in unmenschlichen und beengten Verhältnissen leben. In der Schweiz können wir alles Mögliche unternehmen, um die Ansteckungsketten zu unterbrechen oder zu verlangsamen. Solche Massnahmen sind in den Flüchtlingslagern unmöglich. Zu viele Menschen leben viel zu dicht aufeinander. Überall sind die hygienischen Verhältnisse und die medizinische Versorgung katastrophal. Das Einhalten der notwendigen Distanzen ist schlicht nicht umsetzbar, ebenso wenig eine Maskenpflicht. Ein Corona-Ausbruch wird sich in den beengten Lagern nicht stoppen lassen.

Kommt dazu, dass immer mehr Menschen, vor allem auch Kinder, psychische und physische Erkrankungen erleiden. Viele Menschen sind bereits seit Jahren in diesen Lagern ohne Perspektiven und Hoffnung, auf der Flucht vor Kriegen und totalitären Systemen, auf der Suche nach Sicherheit, Freiheit und ein Leben in Würde.

Durch die Grossbrände hat sich die Situation in Moria noch massiv verschärft. Wir dürfen nicht zulassen, dass Frauen, Männer und Kinder in diesen menschenunwürdigen Bedingungen allein gelassen werden.

Viele Gemeinden und Städte haben bereits vom Bund die Aufnahme von geflüchteten Personen gefordert. Wir wünschen uns von der Urner Regierung dasselbe. Fordern Sie den Bund auf, Menschen in Not aufzunehmen und äussern Sie die Bereitschaft des Kantons Uri, sich an diesem Plan zu beteiligen.

Als Teil von Europa und als Land mit langer humanitärer Tradition sind wir verpflichtet, das Elend dieser Menschen zu mildern und nicht weiter untätig zuzuschauen. Wir freuen uns auf ein Zeichen der Menschlichkeit!

 

#LeaveNoOneBehind

 

Freundliche Grüsse

 

Die Geschäftsleitung                           Der Vorstand                                        Der Vorstand

der SP Uri                                            der JUSO Uri                                        GRÜNE Uri

 

Offener Brief als PDF

 

1. Oktober 2020